"und jage die letzte Süße in den schweren Wein…"
Rainer Maria Rilke beschreibt in seinem wunderschönen Gedicht "Herbsttag" die Stimmung, in der wir Mitte Oktober die Wanderung auf dem Geopfad in Eichstetten antreten.
Wir starten am Samengarten beim Weingut Köbelin, Altweg 131, in Eichstetten. Schräg gegenüber des Samengartens eine Obstanlage mit alten Streuobstsorten auf jungen Bäumen - für mein Baumwartauge pflegebedürftig, aber immerhin ein Anfang. Aber es geht die nächsten 2,5 Wanderstunden auch nicht um Bäume, sondern um die Geologie dieser Landschaft.
Wir folgen links am Wohnhaus vorbei leicht bergauf dem Wegzeichen blauer Enzian und Geopfad. Es lohnt sich immer wieder nach den Markierungen zu schauen, denn der Geopfad geht kreuz und quer durch Weinberge, Wiesen und Wald.
Nach knapp 400 Meter zweigt der Pfad abrupt links ab und führt uns im langen Rechtsbogen 600 Meter an einer Böschung entlang am "Lößtunnel" vorbei. Der Tunnel kürzte die langen Wege durch die Rebhänge auf geniale Weise ab. Am Ende des Böschungsweges geht es wieder auf Asphalt links und nach 80m wieder rechts.
Bei der nächsten Gabelung führt uns der Enzian links am Wald entlang. Nun geht es durch Wiesen und Obstanlagen leicht bergan, bis an einem Walnussbaum scharf rechts in einen unbefestigten Weg eingebogen wird.
Nach ein paar Wendungen erreichen wir das Rusental mit seiner Infotafel über den Gesteinsaufbau. Ohne abzubiegen gehen wir geradeaus bis zu dem Sträßchen, auf dem wir kurz zuvor bereits, nach dem Böschungsweg. bergab gegangen sind. Wir halten uns links, stoßen auf eine Straße und gehen auch hier wieder links, bis wir nach ein paar Metern an die Karl-Otto-Hütte gelangen. Hier genießen wir den schönen Ausblick über das Breisgau und das Dreisamtal zum Schwarzwald.
Hinter der Hütte geht es bergauf und an der nächsten Kreuzung rechts an eingezäunten Grundstücken vorbei. Nach dem letzten Grundstück führt unser Weg gleich scharf links bergab in den Wald und der angedeuteten Terrassenführung folgend, bis er auf einen Querweg stößt. Hier geht es links zum ehemaligen Steinbruch "Meisensatz", zu dem wir einen Abstecher machen. Wieder zurück auf dem Querweg folgen wir diesem bis über den Waldrand hinaus an eine Kreuzung, wo wir uns rechts halten.
Daten & Infos Die oben verwendete Karte als PDF Strecke: ca. 8,5 Kilometer Schwierigkeitsgrad: leicht Dauer: ca. 2,5 Stunden Wanderkarte: Kompass - Digitale Wander- und Fahrradkarte |
In einem Bogen erreichen wir eine geteerte Straße und gehen links bis zur Wegkreuzung "Überm Pfaffental". Hier verlassen wir die Straße und es geht für 1 Kilometer leicht bergan geradeaus. Linkerhand zum Teil mit Zäunen bewehrte Grundstücke und rechts eine Böschung mit Reben obendrauf. Auf den Grundstücken linkerhand stehen alte Obstbäume - ihr Zustand veranlasst mich, meinen Blick den Reben zuzuwenden.
Kurz vor dem Wald führt der Weg nach rechts und 100 Meter weiter nach links in den Wald. Weiter bergwärts kommt nun der Wegpunkt "Rütte". Es geht links den Waldweg entlang, und nicht weit vom Wegpunkt entfernt, geht es bergauf zum Rüttefelsen mit seinen Gesteinsaufschlüssen.
Zurück auf dem Geopfad immer geradeaus bis zur "Tannenlochhütte" und hier rechts im spitzen Winkel bergauf zur Robert-Meier-Hütte mit dem herrlichen Ausblick über den Haselschachen in Richtung Rheingraben. Am Parkplatz ein Schild, auf dessen Rückseite ein Oldtimer der Anti-Atomkraft-Bewegung prangt - der Aufkleber mit der Blume in einer Hand ist sicher über 35 Jahre alt. Die Keimzelle dieser Bürgerbewegung aus den 1970ern - die Winzergemeinde Wyhl - ist nicht weit von hier entfernt.
In Richtung Süden kommen wir jetzt unserem Ziel immer näher, dem Eichelspitzberg mit einer Höhe von über 500 Meter. Wir durchqueren eine ehemalige Sturmfläche, die "Lothar" im Jahr 1999 verursacht hat. Hier hatte der Jahrhundertorkan, der aus Südwesten durch die burgundische Pforte wie durch ein Blasrohr auf den Schwarzwald traf, innerhalb weniger Stunden immense Schäden angerichtet.
Auf der Höhe angekommen, sehen wir noch die Überreste einer Einsiedelei aus dem Mittelalter, bevor wir die vielen Stufen zum Eichelspitzbergturm empor steigen. Fast jede Stufe hat einen Spender, der sich auf ihr verewigen durfte. Der Ausblick in alle vier Himmelsrichtungen ist gigantisch - bei guter Fernsicht reicht er bis zu den Alpen und zum Straßburger Münster. Zurück auf dem Boden können wir wählen. Wer noch Zeit hat, nimmt den Rückweg über eine Teilstrecke des Weinpfades von Bötzingen, oder geht die Abkürzung zum Samengarten über die Rutzenhalde und den Fohrenbruck.
Der Weg zum Weinpfad führt über den Vogelsangpass an der L115 von Bötzingen nach Altvogtsburg. Dem Weinpfad folgt man bergab bis nach Bötzingen, steigt hier in die S-Bahn und fährt die eine Station nach Eichstetten. Vom Bahnhof aus geht es in einer halben Stunde durch den Ort bis zum Ausgangspunkt Samengarten - vorausgesetzt, man marschiert stramm an den sehr einladend gestalteten Weingütern und Gasthäusern vorbei.
Herbsttag
Herr: Es ist Zeit. Der Sommer war sehr groß.
Leg deinen Schatten auf die Sonnenuhren,
und auf den Fluren laß die Winde los.
Befiehl den letzten Früchten voll zu sein;
gib ihnen noch zwei südlichere Tage,
dränge sie zur Vollendung hin und jage
die letzte Süße in den schweren Wein.
Wer jetzt kein Haus hat, baut sich keines mehr.
Wer jetzt allein ist, wird es lange bleiben,
wird wachen, lesen, lange Briefe schreiben
und wird in den Alleen hin und her
unruhig wandern, wenn die Blätter treiben.