Dem Dichter und Lyriker Eduard Mörike ist in Cleversulzbach bei Heilbronn ein kleines aber feines Museum gewidmet. In dem kleinen Ort am Kocher hatte Mörike, der sich zunächst nicht traute, seinen Lebensunterhalt als freier Schriftsteller zu bestreiten, seine erste Pfarrstelle. Die ungeliebte Pfarrstelle endete nach neun Jahren für den 39jährigen Nebenerwerbsdichter - Mörike wurde 1804 in Ludwigsburg geboren - mit seiner Frühpensionierung.
Vor Antritt dieser Pfarrei zieht Mörike nach seinem Examen in Tübingen, 1826, von Ort zu Ort als Pfarrverweser und Vikar. Zwischen Oberboihingen, Köngen, Weilheim und den Fildern wird er im Auftrag der württembergischen, evangelischen Amtskirche eingesetzt.
Im Schlepptau von Mutter und Schwester
Unbeweibt, kurzfristig verlobt und langfristig unsterblich verliebt, im Schlepptau seiner Schwestern und der Mutter, ist Cleversulzbach die letzte Station seiner kirchlichen Laufbahn.
"Der Ort und die Gegend ist wasserreich, gesund und fruchtbar, besonders an Getreide und Wein. Die Einwohner sind schlichte Bauersleute mit mittelmäßigen Geistesgaben; obgleich fleißig, leben doch die meisten in Armuth." Diese respektlose Beschreibung seiner Schäfchen stammt nicht von Mörike, sondern von seinem Amtsvorgänger. Der neue Pfarrer zieht mit seiner siebzigjährigen Mutter und der dreiundzwanzigjährigen Schwester Klara in das Pfarrhaus bei der Kirche ein.
Viel Zeit für die Schriftstellerei
Für den leidenschaftlichen Verehrer der Antike, den Schöpfer des Wunderlandes Orplid, gibt es Baumwiesen statt Zypressenhaine, wie Hansjörg Ziegler in seiner Schrift "Die Liebe hat kein Haus" über Eduard Mörike schreibt. Aber es ist trotzdem idyllisch in Cleversulzbach und der Dichter kann es sich so einrichten, dass ihm viel Zeit bleibt für seine Schriftstellerei.
Ungeliebter Brotberuf
Mutter und Schwester führen den Haushalt und ein Vikar betreibt das Alltagsgeschäft. Religionsunterricht, Einsegnungen, Hochzeiten - der Pfarrer überträgt den Vikaren Sattler und Haueisen immer häufiger die geistliche Pflege der Gemeinde. Hinzu kommen die gesundheitlichen Einschränkungen, unter denen der Pfarrer leidet und die ihn von der Arbeit abhalten. Rheuma, Kopf- und Gliederschmerzen - oft ist Mörike nicht imstande, seinem ungeliebten Brotberuf nach der Maßgabe seines Dienstherrn nachzugehen.
1843 ist es dann soweit; Mörike wird geraten, seine Frühpensionierung zu beantragen, der auch stattgegeben wird. Im Dekanatsbericht über Cleversulzbach heißt es dazu: "…wegen ihres in jeder Beziehung sehr gesunkenen Zustandes einer kräftigen und energischen Geistlichkeit in hohem Grade bedürftig ist."
Mörike-Museum im alten Schulhaus
Im früheren alten Schulhaus von Cleversulzbach, gleich neben der St. Jostkirche, ist seit 1996 das Mörike-Museum untergebracht. Auf Wunsch werden Führungen durch das Museum, die St. Jostkirche und zu den Grabstätten der Dichtermütter von Schiller und Mörike durchgeführt.
Das Museum zeigt viele Schriften, Gedichte und Zeichnungen, aber auch eine Reihe täglicher Gebrauchsgegenstände, wie Mörikes Schreibfeder, Lichtputzschere und Trinkbecher. Auch eine originalgetreue Kopie des alten Turmhahns (Original im Schiller-Nationalmuseum in Marbach) ist zu besichtigen.
Seit Juli 2013 kann im Untergeschoss des Museums auch die Ausstellung "Grenzsteine - Die Zeitzeugen der Cleversulzbacher Grenzsteinbücher" besichtigt werden.
Ausführliche Infos finden Sie auf der Website des Museums
Gedichte geprägt von Humor und Schwermut
Als Pfarrer am falschen Platz, aber als Lyriker wird er in die Geschichte eingehen. Mörikes Wirken geht in seiner Lebenszeit nicht über seine schwäbische Heimat hinaus, sein Werk bleibt überschaubar. Die Gedichte sind geprägt von Humor und Schwermut im Übergang der Spätromantik zu Anfang, bis zum beginnenden Realismus zur Mitte des neunzehnten Jahrhunderts.
Nach den Jahren in Cleversulzbach wird er sich an verschiedenen Orten niederlassen, dichten, heiraten und sich wieder trennen. Als Mörike Professor am Katharinenstift in Stuttgart wird, stabilisieren sich seine Einnahmen und er bleibt im Stuttgarter Raum sesshaft. Ein großer Kreis von Freunden, sowie "Klärchen" seine Schwester, halten ihm sein Leben lang die Treue. Mörike stirbt 1875 in Stuttgart.