Wohnhaus von Goethe in Weimar, © guenther mieber, pixelio.de

Die Kutsche nach Weimar

Goethe ist 26 Jahre alt und hat schon die Werke „Götz von Berlichingen“ und die „Leiden des jungen Werther“ veröffentlicht, als er von einem seiner vielen Bewunderer 1775 nach Weimar eingeladen wird. Es ist der gerade volljährig gewordene Karl August von Sachsen Weimar, der auf seiner Reise nach Karlsruhe zur Hochzeit mit Prinzessin Luise Goethe in dessen Heimatstadt Frankfurt besucht.

Die Kutsche, die der junge Großherzog mit seinem Kammerdiener nach Frankfurt losschickt, verspätet sich um eine Woche. Goethe hat sich schon überall verabschiedet und traut sich kaum aus dem Haus. Er hat keine Lust mehr zu warten und beschließt, nach Italien zu reisen – das war schon immer sein Traum. Am 30. Oktober bricht er auf und an der ersten Station, Heidelberg, erreicht ihn die Nachricht, die herzogliche Kutsche sei in Frankfurt angekommen – er kehrt um und seine Weimarer Zeit beginnt.

Am 7. November 1775 kommt Goethe in Weimar an; es ist Provinz, aber sehr lebendige Provinz. Genau das Richtige für den jungen Alleskönner und Allesprobierer.

Sein bisheriges Leben und Dichten ist ihm leicht gewesen, alles flog ihm zu. Frauen, Gedichte, Werke, Menschen – zu leicht wie er meint: „meine Schriftstellerei subordiniert sich dem Leben“ ist sein Wahlspruch für Weimar.

Einstweilen ist er in Weimar nur auf Besuch. Er hat keine Einkünfte, muss seinen Vater anpumpen, mischt aber die kleine, höfische Gesellschaft mit seinen abenteuerlichen Ideen, seinem Charme und Witz ordentlich auf. Besonders die Jungen um den Großherzog sind begeistert.

Goethe bringt ihnen das Schlittschuhlaufen bei, er organisiert wilde Jagdausflüge zu Pferde in die Umgebung, bei denen nicht nur dem Wild nachgestellt wird. Trinkgelage und Übernachten bei Bauern im Heu schließen sich an.

Goethe findet nicht nur Freunde. Anna Amalie, Karl Augusts  36jährige Mutter, will ihre Macht ungern abgeben und missbilligt das Treiben und den ihrer Meinung nach schlechten Einfluss Goethes auf ihren Sohn. Geleichzeitig fühlt sich die junge Ehefrau des Großherzogs von ihrem Gemahl vernachlässigt. Einige einflussreiche Beamte können mit dem „bürgerlichen Literaten“ und dessen lockeren Sitten nichts anfangen oder sind schlichtweg eifersüchtig.

Aus dem Kreis um die Großherzogin kommt auch die 33jährige Charlotte von Stein, die in dieser Zeit für Goethe einer der wichtigsten Menschen wird. Goethe lernt sie am 6. Dezember 1775 auf ihrem Landsitz Großkochberg kennen. Sie ist verheiratet und Mutter von sieben Kindern. Charlotte erinnert Goethe an seine von ihm geliebte Schwester Caroline, die weit weg in Südbaden lebt.
1500 Briefe von Goethe an sie zeugen von dem starken Einfluss Charlottes.

Im Frühsommer 1776 hat das finanziell magere Leben Goethes ein Ende. Der Großherzog schenkt ihm ein Gartenhaus im Park an der Ilm, wo Goethe einige Jahre leben wird und ernennt ihn zum Geheimen Legationsrat mit 1200 Talern Jahressalär.

Dieses Amt ist vergleichbar mit einem Ministeramt heutiger Prägung. Goethe hat aber keinen Geschäftsbereich, Er nimmt an den Sitzungen des “Geheimen Consiliums” teil, welcher die Amtsgeschäfte des Großherzogtums führt.
Goethes Berufung veranlasst den Leiter des Consiliums, Freiherr von Fritsch, zum Rücktritt, weil er andere für besser hält. Der Großherzog bleibt bei seiner Entscheidung, will aber den erfahrenen Beamten nicht verlieren. Auf Vermittlung der Herzoginmutter lässt sich Fritsch umstimmen.
Goethe gelingt es, mit dem Freiherrn ein gutes Verhältnis aufzubauen.

Goethe zu seiner Zeit in Weimar: „…aus unserer Liebschaft ist eine Ehe entstanden“ . Bis zu seinem Tode im Jahr 1832 soll Weimar seine Heimat sein und bleiben.

Foto: Goethewohnhaus in Weimar. © Günter Nieber, pixelio.de